Eine Klage vor dem Sozialgericht ist möglich, wenn Sie den Widerspruchsbescheid von der Verwaltungsbehörde bekommen haben.
Ein Widerspruchsbescheid ergeht dann, wenn Sie gegen den Ausgangsbescheid Widerspruch eingelegt haben und Ihrem Widerspruch nicht oder zumindest nicht voll abgeholfen wurde.
Innerhalb eines Monats nach Zugang des Widerspruchsbescheides muss spätestens die Klage beim Sozialgericht eingegangen sein.
Der erste Schritt im Rahmen eines Klageverfahrens ist jedenfalls für Anwälte und Anwältinnen normalerweise die Anforderung sämtlicher Behördenakten zum betreffenden Vorgang. Rechtsanwälte haben das Privileg, die gesamten Akten der Verwaltung übermittelt zu bekommen. Manchmal lässt sich schon hieraus ersehen, was bisher so alles falsch gelaufen ist.
In den Verfahren, in welchen es um gesundheitliche Dinge geht, und das ist ein sehr großer Anteil der Verfahren, die vor dem Sozialgericht landen wie etwa Verfahren auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls oder Wegeunfalls und der hieraus resultierenden MdE, Verfahren auf Anerkennung einer Berufskrankheit, Verfahren auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente, Verfahren wegen des Grades der Behinderung nach dem SGB IX (Schwerbehindertengesetz), Verfahren wegen Kraftfahrzeughilfe, Verfahren gegen die Krankenversicherung oder Pflegeversicherung, Verfahren nach dem Opferentschädigungsgesetz, Verfahren wegen Gewährung von Maßnahmen zur Rehabilitation, Witwenrente etc. ist es erforderlich, eine Liste der behandelnden Ärzte bei Gericht einzureichen einschließlich Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht. Die Sozialgerichte fordern dann von diesen Ärzten sogenannte sachverständige Zeugenauskünfte an.
Auf der Basis dieser Zeugenauskünfte wird das Gericht Ihnen noch keine der begehrten Leistungen zusprechen können, falls die Beklagte Verwaltungsbehörde nicht aufgrund der eingeholten Zeugenauskünfte von sich aus ein Anerkenntnis oder ein akzeptables Vergleichsangebot abgibt.
Das Gesetz muss natürlich berücksichtigen, dass behandelnde Ärzte sich möglicherweise in einem Interessenkonflikt befinden könnten, weil es ja das Arzt-Patienten-Verhältnis gibt.
Die Angaben der behandelnden Ärzte sind für das Gericht allerdings ein wichtiges Mittel dafür um entscheiden zu können, auf welchen medizinischen Fachgebieten extern, d. h. durch die Einholung von Sachverständigengutachten, von gerichtlicher Seite aus weiter ermittelt werden muss.
Der nächste Schritt ist dann, dass das Sozialgericht ein solches Gutachten einholt. Mit der Gutachtenserstellung werden in diesem Stadium Ärzte beauftragt, die auf der Gutachterliste des Sozialgerichts stehen. Einen Einfluss bei der Auswahl des Gutachters hat man in diesem Stadium des Verfahrens nicht.
Nach Eingang des Gutachtens oder der Gutachten (mehrere betroffene medizinische Fachgebiete führen mitunter durchaus auch zur Einholung mehrerer Gutachten) bekommen die Beteiligten diese Gutachten zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt. Sind diese zugunsten der klagenden Partei ausgefallen, häufig auch schon mit der Aufforderung des Sozialgerichts gegenüber der beklagten Behörde, sich doch ein Anerkenntnis, Teil-Anerkenntnis oder Vergleichsangebot zu überlegen.
Auf der Basis des oder der Gutachten kann jedenfalls nunmehr das Sozialgericht eine Entscheidung treffen.
Fallen diese Gutachten der vom Gericht bestimmten Gutachten nicht zur Zufriedenheit der klagenden Partei aus, ist damit noch nicht alles verloren. Das sozialgerichtliche Verfahren beinhaltet das nur dort vom Gesetzgeber eröffnete Privileg, ein weiteres Gutachten auch gegen den erklärten Willen des Gerichts zu erzwingen und dieses Mal muss man dann sogar den Arzt benennen, der das Gutachten erstellen soll. Das sind die sogenannten Gutachten nach § 109 SGG. Gerade für Anwälte ist das ein starkes Mittel, die Interessen der Mandantschaft durchzusetzen, weil jedenfalls Fachanwälte für Sozialrecht auch die entsprechenden Arztkontakte haben.
Das sozialgerichtliche Verfahren ist grundsätzlich kostenfrei, d. h. es fallen keine Gerichtskosten an.
Kostenpflichtig ist erst das Gutachten nach § 109 SGG. Dieses wird erst in Auftrag gegeben, wenn hierfür ein Kostenvorschuss eingezahlt wird, in der Regel 1500-1800 €. Rechtsschutzversicherer bezahlen diese Kosten, deswegen ist es auf jeden Fall sinnvoll, vor der Stellung eines Antrags auf Zuerkennung des Grades der Behinderung eine Rechtsschutzversicherung (die auch in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten Deckungsschutz gewährt) abzuschließen.
Wenn auch das Gutachten nach § 109 SGG des von Ihnen selbst bestimmten Sachverständigen den mit der Klage geltend gemachten Anspruch nicht stützt, wird es schwierig. Die Rechtsprechung der Sozialgerichte handhabt die gesetzliche Regelung leider außerordentlich restriktiv und vertritt eigentlich im krassen Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes die Rechtsauffassung, das im gesamten sozialgerichtlichen Verfahren nur ein einziges Gutachten nach § 109 SGG gefordert werden kann. Nur im seltenen Einzelfall sind Richter bereit, auch einmal ein 2. Gutachten nach § 109 SGG in Auftrag zu geben.